Sex mal anders, BERLINER ABENDBLATT, 21. Oktober 2013

BERLINER ABENDBLATT, 21. Oktober 2013: http://www.abendblatt-berlin.de/2013/10/21/sex-mal-anders/

Kaum eine andere weiß so viel über die sexuellen Wünsche und Praktiken der Deutschen wie Laura Méritt. Wo die meisten hinter vorgehaltener Hand über ihr Intimleben sprechen, redet die Kreuzbergerin ganz offen über die normalste Sache der Welt. Jedes Jahr im Oktober wird ihre Stimme besonders laut. Dann, wenn die weltweit größte Erotik-Messe „Venus“ in Berlin ihre Pforten öffnet. Dann startet Méritt ihre ganz eigene Aktion: Den PorYes-Award. „Vom 19. bis 20. Oktober veranstalten wir die feministische Pornofilmpreis-Verleihung“, verrät Mérrit. „Künstler aus aller Welt kommen dann hierher, um Porno einmal anders zu erleben.“

Intelligenter Dialog.

2009 hat Mérrit die Verleihung ins Leben gerufen. „Unser Award ist eine Art Gegenbewegung zur ‚Venus‘. Denn was dort gezeigt wird, ist ja nicht alles, was die Lust hervorbringt“, erklärt sie. Jener Ansatz bedeutet für Méritt, überwiegend die Lust des Mannes zu befriedigen. Nackte Frauen auf Podesten, graumellierte Männer drum herum, viele Handykameras und noch mehr Schüsse von nackter Haut. All das zwischen Fesselspielen, hartem Sex und Liveshows. „Sicherlich hat das seine Berechtigung. Was aber vielen fehlt, ist die zarte Berührung, ein intelligenter Dialog zwischen den Akten oder ein sinnliches Nachspiel“, so Méritt.

Das soll eine Rolle bei der Filmverleihung im Filmtheater der Hackeschen Höfe spielen. Geehrt wird unter anderem der amerikanische Filmemacher Jospeh Kramer. Mittelpunkt seiner Geschichten sind Ganzkörpermassagen. Auch Monika Treut wird für ihr Lebenswerk nominiert. Schwerpunkt ihrer Filme sind starke Frauen, die ihre sexuelle Lust hemmungslos ausleben. Besonders stolz ist Méritt auf den Cyber-Porno der Medienkünstlerin Shu Lea Cheang. „Bei Cheang wird deutlich, welche Rolle Sex in der Zukunft spielt“, so die 53-Jährige.

Dass die Nachfrage nach alternativen Pornos steigt, zeigt Méritts 25 Jahre langer Erfahrungsschatz. Als Verkäuferin für Sex-Toys hat die Doktorin der Philosophie begonnen: „Durch die Verkaufsgespräche wurde mir klar, dass es heute noch sehr viele Fragen zum Thema Sex gibt. Auch die Frage nach mehr Sinnlichkeit statt ‚Hau-Drauf-Akte‘ ist stärker denn je.“ Méritt bietet für diese Nachfrage eine Plattform. Jeden zweiten Freitag im Monat öffnet sie ihren Salon in ihrer Kreuzberger Dachgeschosswohnung, um gemeinsam mit Besuchern aus ganz Berlin über Sex zu sprechen, Fragen nach gewissen Vorlieben zu beantworten und gemeinsam Filme zu schauen. „Wir tun zwar ganz offen in Sachen Sex, aber der Salon mit seinen Besuchern zeigt, dass es noch viele Fragen zu den eigenen Bedürfnissen gibt.“

Mittlerweile zählt  Méritt mehr als 1.000 Anhänger. Sie alle sehnen sich danach, ihre Lust auszuleben. Allerdings nicht immer nach dem Standard des Mainstreams, wie Méritt zu berichten weiß. „Es war nur eine Frage der Zeit, den PorYes-Award ins Leben zu rufen“, sagt sie.

Veranstaltung

Am Freitag, den 8. November, öffnet Laura Méritt wieder ihren Salon, für all die Neugierigen, die Filme nach dem PorYes-Award genauer unter die Lupe nehmen wollen. Wann? Ab 18 Uhr. Wo? In der Fürbingerstraße 2 in Kreuzberg. Mehr: www.sexclusivitaeten.de

Anne Langert