von Laura Méritt
Ich freue mich Rusty Cave aus London hier zu begrüßen, die für die sex-positive Bewegung eine europäische Pionierin der lesbischen Erotik darstellt.
Als ihre Filme Anfang des neuen Jahrtausends, 2001, 2 und 3 herauskamen, ging ein Stöhnen durch die lesbische Gemeinde. Wie lange hatten wir hier auf diesen Höhepunkt gewartet! Endlich waren sie da, europäische Lesbenpornos mit einer der europäischen Lesbenszene stärker entsprechenden Darstellung lesbischer Sexulität. Bislang existierten vorwiegend Pornos aus USA, genauer die „Fatale Media“-Filme aus San Francisco, die sich durch eine starke Butch-Femme Aufteilung charakterisierten und für uns hier überm Teich durchaus „penetrationsfixiert“ wirkten. Jetzt kamen endlich auch andere Modelle auf das Bett, die nicht in dieses Pärchen-Schema passten!
Und wie freuten wir uns an der unglaublich schönen, extensiven und lustvollen Leckszene gleich zu Beginn in „Madam & Eve“!!!! Ich glaube, das war die längste Leckszene des Jahrzehnts, ein fast schon öffentlich vergessenes und endlich stattfindendes Vorspiel. Wir schwelgen alle noch in Erinnerung an diese. Bei Vorführungen sorgt diese Szene heute noch für allgemeine Erregung und Entzücken. Ein besonderes Dankeschön dafür, Rusty!
Rusty Cave hat sich ein ganz spezielles Genre ausgesucht, mit der sie uns beglückt, nämlich die Komödie. Schon ihr Name „Rusty Cave“- „rostige Höhle“ ist voller Ironie und so geht sie mit typisch britischem, und ganz klar feministischen Humor Clichés und Vorurteile gegen Frauen und Lesben an und nimmt ihnen den Wind aus der Hose. Wie oft werden Frauen als vertrocknete Pflaumen, rostige Höhlen, dunkle Löcher tituliert. Wie oft wird Feministinnen und ganz besonders Lesben der Sex als solcher abgesprochen, oder sie als Nymphomaninnen in Huren und Heilige eingeteilt. Damit einher geht auch das Vorurteil, Frauen/Feministinnen/Lesben hätten keinen Humor. Die Verbindung von humor, humores lat.-Feuchtigkeit und Sexualität wird hier offensichtlich. Von ihr geht eine Gefahr aus, die gebändigt werden muss. Die Geschichte der Kontrolle über weibliche Sexualität ist auch eine Geschichte des Maulverbotes für Frauen. Frauen sollen ihren Mund, diese sexuelle Öffnung, nicht zeigen und erst gar nicht das Maul groß aufmachen.
Rusty Cave setzt sich darüber hinweg. Sie macht sich lustig über diese Verbote und sexuelle Mythen und zeigt Frauen, die ihre Sexualität lustvoll und spielerisch leben. Dazu ersinnt sie witzige Geschichten wie das Krankenhaus Eden, in das sexuell unterversorgte Frauen eingeliefert werden und in der Ambulanz notgeholfen werden. „Madam & Eve“ bricht auch das heterosexuell normative Grundmuster in witziger Weise und räumt mit dem patriarchalen und biologistischen Urmythos auf.
Dem gegenüber zeigt sie eine Matri-Linie auf, die die Frauenlinie betont, die von Müttern auf ihre Töchter übergeht. Eine andere Welt, die auch „Eden“ genannt werden kann, in der vom patriarchalen (Sex-) System erkrankte Menschen Zuflucht finden. Ein auch heute hoch politische Message! Und tatsächlich hat Rusty Cave diesen Film mit einer lesbischen matriarchalen Sex-Kommune gedreht, die in einem ehemaligen Kloster in England leben und lieben. (Wo wohnen sie, bitte die Adresse!!). Die Freude, die die Damen beim Agieren zeigen, springt uns ins Auge, die Arbeitsbedingungen müssen optimal gewesen sein.
Aber auch in ihren früheren Filmen springt der Funke über. In „Tic Toc“ sehen wir einen Hausmeister, der per Videoüberwachung in alle Wohnungen reinschauen kann und sich an den äußerst unterschiedlichen Weisen der dargebotenen Sexualitäten erfreut. Zu sehen sind tatsächlich auch sehr unterschiedliche Typen von Körper, Gender und Kulturen. Immer wird der Eindruck vermittelt, wir könnten mitten drin dabei sein, was die authentische und lustige Darbietung uns vermittelt. Und in „Girlie Urge“ macht Rusty Cave sich stärker an das explizit Aufklärerische heran. Vier Frauen zeigen uns in aller Langsamkeit und Ausführlichkeit, wie sie masturbieren und welche Toys frau dazu benutzen kann. Das tun sie demonstrativ, punktgenau und mit herzlichem Hintergrund und wir dürfen all unseren Voyeurismus oder unser Voyeusentum auskosten. Die Filme von Rusty Cave sind nämlich 100% lesbisch, mit einem Stempel versehen, also für alle Begehrenden und für alle Phantasien geeignet!
Rusty Cave´s Höhle ist eine quietschbunte, sie führt uns in eine bunte Welt der Sexualität.
Wunderbar witzig vulvisch wow!